Heute ist es unvorstellbar: Es gab eine Zeit, als der Vater seinen Sohn ermahnte, nicht dauernd die Nase in das Buch zu stecken. Das war noch, bevor ein Fernseher im Haushalt zur Normalität geworden war. Später hieß es: „Vom Fernsehen bekommst du viereckige Augen“. Und heute? Viele Kinder wissen kaum noch, was ein Fernseher ist. Jedenfalls nicht im Sinne des linearen Fernsehens. Streaming-Dienste sind allgegenwärtig: Auf dem Handy, dem Tablet oder im immersiven Kino der 3D-Brille. Heute hilft es nicht mehr viel, die Stunden am Fernseher im Wohnzimmer zu rationieren. Eltern können den kompletten Medienkonsum der Kinder im Auge behalten. Wenn sie ihn denn noch verstehen.
Wieviel Zeit am Bildschirm ist noch gut für den Nachwuchs? Unterschiedliche Ratgeber sprechen hier recht unterschiedliche Empfehlungen aus. Sicherlich stellt sich auch die Frage, was der junge Mensch denn am Bildschirm macht. Die Nutzung digitaler Medien kann auch bedeuten, Fakten zu recherchieren, Hausaufgaben zu machen oder einfach nur die Busverbindung zu einem guten Freund herauszusuchen. Wollen wir solche sinnvollen Anwendungen wirklich begrenzen? Oder geht es nur darum, dass nicht zu viele Videos angesehen werden und nicht den ganzen Tag über am Computerspiel gezockt wird? Für Kinder unter fünf Jahren sprechen sich manche Experten für eine halbe Stunde Bildschirmzeit pro Tag aus. Für Kinder zwischen fünf und neun Jahren wächst das dann auf eine Stunde aus. Für Kinder ab zehn Jahren wird manchmal die Faustregel „10 Minuten Medienzeit pro Lebensjahr“ vorgegeben. Sobald das Kind über ein eigenes Smartphone verfügt, wird die Überwachung natürlich etwas schwieriger.
Für jüngere Kinder können technische Zeitbegrenzer sinnvoll sein, um das richtige Gefühl für die Zeitbegrenzung zu finden. Stellen Sie eine Eieruhr auf oder starten Sie den Wecker auf dem Handy. Bei älteren Kindern spielt die Eigenverantwortung eine wichtige Rolle.
Eltern, die im Detail wissen, wie ihre Kinder digitale Medien nutzen, welche Websites sie besuchen oder welche Spiele sie spielen, haben die Möglichkeit, frühzeitig über die potenziellen Risiken und Vorteile der Nutzung aufzuklären. Wenn neue Spiele oder Apps gemeinsam erkundet werden und beliebte YouTuber und Serien von der ganzen Familie angesehen werden, ermöglicht dies auch eine kritische Bewertung und Diskussion. Es ist nicht nur wichtig, wie viel Zeit Kinder vor Bildschirmen verbringen, sondern auch aus welchem Grund: Ob es darum geht, Langeweile zu vertreiben, in Kontakt mit Freunden zu bleiben oder sich über aktuelle Geschehnisse zu informieren. Anzeichen dafür, dass der Medienkonsum außer Kontrolle gerät, können die Vernachlässigung schulischer Verpflichtungen, der Rückzug von anderen Aktivitäten und Interessen, der Verlust von Freundschaften sowie vermehrte Launenhaftigkeit oder Gereiztheit sein.
Eltern können durch ihr eigenes Medienverhalten ein positives Beispiel für ihre Kinder setzen. Es ist hilfreich, sich gelegentlich selbst kritisch zu hinterfragen, wie oft und aus welchem Grund bestimmte Bildschirmmedien genutzt werden. Eltern können ihren Kindern vermitteln, dass niemand ständig erreichbar sein muss. Die Einführung eines gemeinsamen medienfreien Tages pro Woche oder das gelegentliche gemeinsame Medienfasten können dazu beitragen, dass die Familie ihre anderen Interessen nicht aus den Augen verliert.
Wenn es gelingt, die Begeisterung für Erlebnisse in der realen Welt zu wecken, dann stellt sich die Frage der Notwenigkeit, Bildschirmzeiten zu überwachen und zu begrenzen kaum mehr. Sport, Erlebnisse in der Natur und Erfolgserlebnisse bieten spannende Herausforderungen jenseits des Computerspiels. Ihr Nachwuchs macht Erfahrungen, die wertvoll für das weitere Leben sind und das Selbstbewusstsein stärken. Geben Sie Ihrem Kind die Chance, Erfolgserlebnisse zu sammeln, lernen Sie gemeinsam das Leben und die Welt kennen und finden Sie eine gute Balance zwischen der Medienwelt und der realen Welt.